Wenn Roger Goodell am 28. April den NFL Draft 2022 eröffnet und den ersten Pick verkündet, werden wir wahrscheinlich zum ersten Mal seit 2017 nicht den Namen eines Quarterbacks hören. Das ist generell ungewohnt, wenn man bedenkt, dass beispielsweise seit dem Jahr 2000 nur sechs Mal kein Quarterback an erster Stelle ausgewählt wurde. Zwar konnte die diesjährige Quarterback-Klasse ihren seit langem enttäuschenden Ruf in den letzten Monaten noch etwas aufpolieren, für ganz oben dürfte und darf es aber auch trotz des generellen Hypes um die Position nicht reichen. Bei den vermutlich sechs Spielern, welche sicher an den ersten zwei Tagen vom Board gehen sollten, hat jeder seine Fragezeichen, die einen Trade an die Spitze irrsinnig erscheinen lassen.
Vor allem wenn die Jaguars ihren Pick behalten sollten, dürfte die Wahl auf einen Spieler aus den beiden stärksten Positionsgruppen fallen: Defensive Line oder Offensive Line. Erstere ist mit fast schon übertrieben vielen interessanten EDGE-Rushern bestückt und auch die Interior Linemen sind dieses Jahr gut vertreten. Die Frage nach der Nummer Eins klären hier Aidan Hutchinson und Kayvon Thibodeaux aber unter sich. Auch auf der offensiven Seite der Line scheinen alle Positionen sowohl in der Spitze als auch der Breite dieses Jahr beeindruckend gut besetzt zu sein. Die naheliegendsten Kandidaten für die Jaguars sind vermutlich die Offensive Tackle Evan Neal und Ikem Ekwonu. Vor allem Neal wird in den letzten Wochen in immer mehr Mock Drafts an erster Stelle prognostiziert. Zudem enthält dieser Draft mit Tyler Linderbaum das vielleicht beste Center-Prospect aller Zeiten. Auf jeden Fall ist die Chance gegeben, dass er der erste Center überhaupt wird, der in den Top 15 ausgewählt wird.
Auf Twitter gibt es einige pessimistische (vermeintliche) Expertenmeinungen, welche den Draft insgesamt mit dem enttäuschenden 2013er Jahrgang vergleichen. Klar, irgendwie hat es da rückblickend beispielsweise ein Björn Werner in die erste Runde geschafft, aber auch dort gab es einige Talente, die auch heute noch das Bild der NFL prägen.
Ein Blick auf die Skill Positions zeigt, dass wir auch dieses Jahr wieder mit guten Wide Receivern verwöhnt werden. Zwar sticht dieses Jahr kein Generational Talent wie Ja’Marr Chase hervor, aber es ist dennoch einiges an First-Round-Talent vorhanden. Im Bereich Fantasy Football läuft hier zurzeit Treylon Burks vorneweg. Zudem erleben wir möglicherweise, wie gleich zwei Receiver der Buckeyes – Garrett Wilson und Chris Olave – ihren Namen am ersten Tag hören werden. Bei den Tight Ends kommt keine richtige Vorfreude auf. Die Position ist breit besetzt, aber eine Spitze gibt es nicht wirklich. Vielleicht ist es auch Kyle Pitts geschuldet, der alle Prospekts der letzten Jahre überstrahlt, dass hier keine große Euphorie aufkommen mag. Aber nicht umsonst gilt die Position als eine der schwersten zu lernenden in der NFL, daher sollten auch dieses Jahr ein paar Jahre Entwicklungszeit einkalkuliert werden. Die Qualität der Running Backs ist vergleichbar mit dem letzten Draft. Es gibt ein paar Spieler an der Spitze, ein paar weitere interessante Optionen und dann gelangt man recht schnell zu den Bankfüllern. Es wäre schön zu sehen, wenn sich dieses Jahr kein Team die Blöße gibt, einen Running Back in der ersten Runde zu draften, wirklich nicht einen, aber scheinbar gibt es immer mindestens diese eine Franchise…